Crowdfunding: mehr als ein Finanzierungsinstrument

Bild: The Strategy of Chess„; von Ken Teegardin (CC BY-SA 2.0) auf Flickr

Vor ein paar Tagen war in der ZEIT ein Artikel zu lesen, dessen Überschrift lautete: „Ist das noch Crowdfunding?“ Berichtet wird über die Kampagne von Pebble, einem jungen Unternehmen aus dem Silicon Valley, das via Kickstarter sein neuestes Produkt verkauft. Denn als Gegenleistung gibt es die Pebble Time, eine Smartwatch, die erstmals ein farbiges Display aufweist. Funktioniert hat die Kampagne allemal, denn bereits am ersten Tag kamen 8 Mio. USD zusammen. Rund 40.000 UnterstützerInnen erwarben die Uhr zu sehr günstigen Preisen, mittlerweile haben sich weitere 10.000 KäuferInnen gefunden, die nun mehr als 11 Mio. USD in die Unternehmenskasse spülen.

Gründe, warum das Unternehmen auf Crowdfunding setzt, gibt es einige. Zum einen ist es eine klug aufgesetzte Marketingaktion, die ganz stark auf Kundenbindung setzt.

„Der Erfolg auf Kickstarter gehört zur Unternehmenslegende, die Träger der Pebble fühlen sich, nicht ganz zu Unrecht, als Pioniere und Unterstützer einer guten Idee,“

heißt es in dem Artikel. Geboten wird nicht nur die Uhr, sondern es gibt täglich Informationen und Unterhaltung rund um das neue Produkt. Die Kampagne wird zum Event. Für Pebble ist der Verkauf über Kickstarter aber auch wirtschaftlich interessant, denn hier lassen sich höhere Margen erzielen als über den Einzelhandel. Außerdem lässt sich auf der Basis der Kampagne sehr gut einschätzen, wie das Produkt ankommt und so der Produktionsprozess steuern.

Während Crowdfunding in seiner Anfangszeit vor allem als Finanzierungsinstrument gesehen wurde, ist das heute etwas anders. Diese Form der Geldbeschaffung ist erwachsen geworden und wir sehen, dass sich hier ein viel größeres Potenzial verbirgt als das Einsammeln von Geld.

Für den Kulturbereich sehe ich die große Chance, mit dem Instrument des Crowdfunding in zweifacher Hinsicht erfolgreich zu sein. Erstens darf ich, wenn ich auf einer der mittlerweile zahlreichen Plattformen nicht untergehen möchte, eine Crowdfundingkampagne nicht nebenbei laufen lassen. Sie muss beworben werden und zwar richtig. Was liegt näher, als mein Projekt beziehungsweise mein Produkt schon so früh zu bewerben und sofort mit dem Marketing zu beginnen? Der Vorteil: Ich kann meine UnterstützerInnen per Newsletter oder über Beiträge auf der Projektseite erreichen und ich weiß, dass sie sich für mich interessieren. Schließlich haben sie mich schon finanziell unterstützt. Hinzu kommt: Kultureinrichtungen tendieren meist dazu, zu spät mit ihren Marketingaktivitäten zu beginnen. Zwei Wochen vor der Premiere damit zu beginnen, das kann ich mir nicht leisten, wenn ich das Vorhaben auf diese Weise (mit)-finanziere.

Das klingt auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär, führt aber vermutlich in vielen Betrieben zu völlig neuen Abläufen. Oft bekommen Marketing und PR die Informationen erst sehr spät, wenn inhaltlich alles klar ist und die Produktion steht. Das geht nun nicht mehr, es bedarf neuer Formen der Zusammenarbeit, denn das Marketing muss schon frühzeitig, schon vor Beginn der Produktion, mit Inhalten gefüttert werden, um die Crowdfundingkampagne starten zu können.

Die Fundraisingpyramide: Mit dem Crowdfunding geht es los

Zweitens glaube ich, dass das Crowdfunding eine große Hilfe in finanzieller Hinsicht sein kann. Zwar gibt es viele Kultureinrichtungen, die private Geldgeber erst dann suchen, wenn die Not groß ist. Aber wer Fundraising strategisch angeht, wird sich seine UnterstützerInnen langsam aufbauen, ob das nun Privatpersonen oder Unternehmen sind.

Die Fundraisingpyramide zeigt, ich habe sie hier kurz skizziert, dass ich in einem ersten Schritt möglichst viel Personen ansprechen muss. Erreichen werde ich sie vor allem über meine Inhalte, Konzerte, Ausstellungen, Inszenierungen, was auch immer. Der Aufwand ist dafür relativ groß, reinkommen wird in der Regel anfangs aber nicht so viel. Ich kann dafür eine Spendenkampagne lancieren, Fördervereine aufbauen oder eben auch auf das Crowdfunding setzen. Der Vorteil: ich komme recht schnell in die Gänge, es passiert sofort etwas und ich kann auch gleich mit unterschiedlichen Gegenleistungen aufwarten. Natürlich hängt die Entscheidung für oder gegen eine Crowdfundingkampagne auch von meiner Zielgruppe ab und es spricht auch nichts dagegen, einen Förderverein aufzubauen oder eine Spendenkampagne durchzuführen.

Auch im Hinblick auf Sponsoren ist Crowdfunding ein guter Einstieg. Sie wenden sich zu Beginn an Privatpersonen und bauen zu denen möglichst langfristige Beziehungen auf. UnternehmerInnen, AgenturvertreterInnen, MarketingleiterInnen, wer weiß, wen Sie mit Hilfe einer Crowdfundingkampagne erreichen und gewinnen können? Im Idealfall gelingt Ihnen der Schritt.

Hinzu kommt: Viele Kultureinrichtungen können in Sachen Werbung gar nicht so viel anbieten. Das Programmheft, in dem das Logo zu finden ist, kaufen nur wenige und die Plakate verschwinden auch bald wieder. Kultureinrichtungen, die auf Crowdfunding setzen, sind im Social Web aktiv und haben deshalb schon im Vorfeld eine – hoffentlich – große Sichtbarkeit. Kann es nicht sein, dass Sie schon alleine dadurch für Unternehmen attraktiver werden? Stichwort Image: Holen Sie Unternehmen mit ins Boot und geben ihnen etwas davon ab. Durch die enge Verzahnung mit dem Marketing wird es jeden Menge Möglichkeiten geben, mit Unternehmen zu kooperieren.

Wir sind gerade in einer Umbruchphase und das in vielerlei Hinsicht. Die öffentlichen Mittel reichen immer seltener, um die vielen Vorhaben im Kunst- und Kulturbereich zu ermöglichen. Für Kulturbetriebe wird es nicht leichter, mit Unternehmen ins Gespräch zu kommen und gleichzeitig buhlen viele um dieselben Zielgruppen. Das Crowdfunding könnte ein Instrument sein, mit dessen Hilfe Sie hier trotzdem weiter kommen, auch weil das Marketing immer stärker auf Social Media setzt. Wohin die Reise wirklich geht, kann ich heute noch nicht sagen. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass das Crowdfunding zukünftig eine ganz wichtige Schnittstellenfunktion im Kunst- und Kulturbereich ausübt und die beiden großen Themenbereiche Kulturfinanzierung und -marketing miteinander verbindet.

Siehe dazu auch: Crowdfunding in 11 Schritten (Teil I)


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Kommentare

7 Antworten zu „Crowdfunding: mehr als ein Finanzierungsinstrument“

  1. […] Bild: The Strategy of Chess"; von Ken Teegardin (CC BY-SA 2.0) auf Flickr Vor ein paar Tagen war in der ZEIT ein Artikel zu lesen, dessen Überschrift lautete: "Ist das noch Crowdfunding?" Berichtet…  […]

  2. […] Crowdfunding: mehr als ein Finanzierungs-Instrument | Kulturmanagement Blog […]

  3. […] sozialmarketing.de: Buch der Woche: Kursbuch Wirkung (Phineo) Kulturmanagement Blog: Crowdfunding: mehr als ein Finanzierungsinstrument […]

  4. […] Kulturbereich mit dessen Bewerbung zu verknüpfen, so wie ich das vor ein paar Tagen schon in einem Blogbeitrag zu skizzieren versucht […]

  5. […] wird damit für den Kulturbereich immer interessanter – und kann mehr sein als ein reines Finanzierungsmodell. Allerdings sollte man den Zeitaufwand für eine erfolgreiche Kampagne nicht unterschätzen! […]

  6. […] hatten? Ist für die Crowdfunding eine Alternative? Ich denke schon, aber nicht nur für die, denn Crowdfunding ist mehr als nur ein (neues) Finanzierungsinstrument. Vielleicht stimmen all die Kategorien nicht  mehr? Ich habe gerade einen sehr guten Artikel von […]

  7. […] Vorteil: Crowdfunding ist mehr als nur ein Finanzierungsinstrument und verbindet die Bereiche Kulturfinanzierung und Marketing miteinander. Profitieren werden die, […]

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