Virtuelle Museen: Alternative oder Ergänzung?

Vorweg: Man möge es mir bitte nachsehen, wenn ich in den letzten zwei Monaten kaum zum Bloggen gekommen bin. Das soll sich ab sofort wieder ändern.

Das Museum im Internet, es gibt wohl wenige Dinge, vor denen sich die Museumsverantwortlichen mehr gefürchtet haben. Vielleicht erinnern Sie sich noch, als die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ein virtuelles Abbild ihrer Galerie in Second Life einrichteten. Aber dieses Angebot wurde kaum angenommen und so war es folgerichtig, dass 2011 das Ende der virtuellen Dependance angekündigt und die Pforten geschlossen wurden.

Im gleichen Jahr ging Google Art Project an den Start, mit dem der Internetkonzern die Kunst dieser Welt in bestechender Qualität auf unsere Bildschirme brachte. Christian Gries bemängelte noch im letzten Jahr die Zurückhaltung der deutschen Museen bei diesem Vorhaben, heute sind es schon etliche mehr. Macht Google damit den Museen Konkurrenz, fragte Delia Marshall vor wenigen Tagen in einem Blogbeitrag und kommt zu dem Ergebnis, dass dieses Projekt, auch wenn die Qualität beeindruckend ist, immer nur als Ergänzung des Museumsbesuchs vor Ort angesehen werden kann.

Auch in Münster geht es um Ergänzungen, allerdings auf etwas andere Weise. Da das LWL-Museum für Kunst und Kultur wegen Um- und Neubauarbeiten derzeit geschlossen ist (siehe dazu den Blogbeitrag von Claudia Wagner), hat man sich dazu entschlossen, die rund zwei Jahre Bauzeit mit einem virtuellen Museum zu überbrücken. Was macht so ein Museum, was kann so ein Museum, um diese und andere Fragen ging es bei einem Bloggertreffen, zu dem die Projektverantwortliche von Museum 24/7, Michelle van der Veen am Vortag des stARTcamps in Münster (dazu plane ich noch einen eigenen Beitrag) eingeladen hatte.

Mich hat das Thema an die Veranstaltung der internationalen Jugendbibliothek in München erinnert, bei der wir einen Tag lang über “Literaturausstellungen im virtuellen Raum” diskutiert haben.

Wer sich das Museum 24/7 anschauen möchte, installiert ein Plugin und schon kann es losgehen. Zwar wird im Folder darauf hingewiesen, dass es sich hier nicht um eine originalgetreue Kopie des Museums handelt, aber einige prägnante Merkmale des Neubaus wurden bewusst übernommen.

Ein virtuelles Museum ist eine ziemliche Herausforderung, denn die Erwartungen der UserInnen können sehr unterschiedlich ausfallen. Ich persönlich bin im Netz eher auf der Suche nach Informationen, wenn es um KünstlerInnen oder Ausstellungen geht. Oder nach Fotos. Aber einen virtuellen Raum benötige ich dafür nicht unbedingt. Der ist in meinen Augen dann interessant, wenn es die Möglichkeit gibt, mit anderen UserInnen oder ExpertInnen zusammen zu treffen (Man kann aber auch einen Schritt weiter gehen, siehe dazu mein Blogpost „Partizipation: Wie das Publikum in das eigene Projekt einbinden?„). Genau so etwas bietet das Museum 24/7 an und zwar in Form eines Text- oder Voicechat. Eine gute Idee, allerdings hatte ich bis jetzt immer das Problem, alleine in diesem virtuellen Raum zu sein. Da macht der Chat dann nur halb so viel Spaß. ;-) Aber das Museum bietet auch virtuelle Führungen an, da ist so ein Chat dann natürlich eine feine Sache. Partizipative Ansätze sind das Um und Auf, nicht nur bei virtuellen Ausstellungen. Auch in den Ausstellungsräumen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Second Life war ich grundsätzlich alleine. Und irgendwann hat man dann aufgegeben.

Die Frage ist, was man mit diesem virtuellen Raum überhaupt für Ziele erreichen möchte? Ich vermute, Google geht es mit seinem Projekt um etwas ganz anderes wie beispielsweise dem LWL-Museum. Spannend wäre jetzt die Frage, wem es dabei eher um Marketing geht: Google oder dem Museum? Ich kenne die Antwort nicht, könnte mir aber vorstellen, dass Museen, die sich virtuell präsentieren, den Marketinggedanken schon im Kopf haben. Zumindest im Hinterkopf. Aber vermutlich hat das Google auch, aber anders.

Dass es dem LWL-Museum schon um Information geht, sieht man, wenn man sich durch die zehn virtuellen Ausstellungsräume bewegt, denn neben den Kunstwerken befindet sich ein Button, über den man dann an das Infomaterial kommt.

Interessant wäre es herauszufinden, warum die UserInnen eigentlich so ein Museum besuchen? Ich habe im Netz nach Informationen darüber gesucht, bin aber leider nicht fündig geworden. Aber die Motive, so eine Seite zu besuchen, würden mich schon interessieren. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich hauptsächlich die Suche nach Informationen ist? Ein Ergebnis bei der Veranstaltung in München war, dass man die UserInnen vor allem emotional ansprechen muss. Wären sie nur auf Informationssuche, könnte man sich das, so denke ich, sparen. Klar ist aber auch, dass viel davon abhängt, welche Ziele mit so einem virtuellen Museum verfolgt werden.

Die Diskussion beim Bloggertreffen war spannend, aber klare Antworten haben wir nicht gefunden (siehe dazu das Blogpost von Michelle van der Veen „Virtuelle Museen beim Bloggertreffen„). Nun gibt es eine zweite Gelegenheit, über das Thema virtuelle Museen zu diskutieren. Michelle van der Veen wird nämlich beim nächsten Treffpunkt KulturManagement zu Gast sein. Stattfinden wird er schon am kommenden Mittwoch, also am 23. April, wie gewohnt von 9 bis 10 Uhr und natürlich sind wieder alle herzlich dazu eingeladen.

Über den Treffpunkt KulturManagement

Der Treffpunkt KulturManagement ist das gemeinsame Onlineformat von Projektkompetenz.euKulturmanagement Network und der stARTconference. Die Teilnahme ist kostenlos, die Installation einer Software nicht notwendig. Es ist zwar kein Nachteil, wenn Sie über eine Webcam und ein Headset verfügen, aber da die Adobe Connect-Plattform, die wir für diese Veranstaltung nutzen, über einen gut funktionierenden Chat verfügt, reicht es, am Mittwoch, den 23. April, um 09 Uhr einfach diesen Link anzuklicken und dabei zu sein.

Wenn Sie sich über die bisherigen Veranstaltungen informieren wollen, können Sie das in unserem Treffpunkt KulturManagement-Wiki tun, dort finden Sie die Aufzeichnungen der bisherigen Online-Veranstaltungen. Der Treffpunkt KulturManagement ist darüber hinaus auch auf Facebook vertreten und wenn Sie schon vorab wissen wollen, wer alles am 23. April dabei sein wird, dann können Sie im bereits angelegten Event nachsehen und sich auch gleich selbst dort anmelden.

Hier noch einmal die wichtigsten Infos:

Treffpunkt KulturManagement
Termin: 23.04.2014 von 09:00 bis 10:00
Thema: Das virtuelle Museum
Gast: Michelle van der Veen (hier geht es zu ihrem neuen Blog MuseumsGlück)


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Kommentare

3 Antworten zu „Virtuelle Museen: Alternative oder Ergänzung?“

  1. Vielen Dank für Deine Einblicke und den Hinweis auf die Veranstaltung am Mittwoch, lieber Christian.
    Ich habe heute Abend zufälligerweise mit meinem Vater über das Thema gesprochen, da hier in Berlin nächste Woche eine zweitägige Veranstaltung namens „Coding Da Vinci“ stattfindet (http://codingdavinci.de/info/).
    Mein Vater hat dabei einen für mich bisher gar nicht betrachteten Faktor ins Spiel gebracht: Ihm ist es schon öfters so gegangen, dass er nach einem Museumsbesuch darüber nachgedacht hat, wie ein spezielles Exponat, ein Ausstellungsraum oder das Gebäude genau ausgesehen haben. Aber er hatte keine Möglichkeit, seine Erinnerung durch digitale/virtuelle Informationen aufzufrischen. Eine spannende Betrachtung!
    Im Rahmen meines Konzepts für das Pergamonmuseum hier in Berlin habe ich mich auch mit dem Thema von Micro-Blogs beschäftigt. Die Idee war, dass MuseumsbesucherInnen an einem Exponat einen Kommentar hinterlassen können (über eine App), der auf der einen Seite von Anderen gesehen und kommentiert werden kann und auf der anderen Seite auch von zuhause aus weiter verfolgt werden kann.
    Leider ist es damals nicht zu einer Umsetzung des Projekts gekommen, sonst könnte ich jetzt von den Erfahrungen berichten.
    Übrigens ein sehr interessanter Artikel im heutigen Berliner Tagesspiegel: http://www.tagesspiegel.de/medien/digitale-welt/kunst-fuer-digital-natives-app-ins-museum/9781598.html

  2. Hallo Christian, schön wieder etwas von Dir zu lesen und dieses mit einem spannenden Thema. Ich habe in den letzten Tagen immer wieder Diskussionen zur „digitalen Kunstwelt“ – egal ob Musik, Bücher, Bilder u.a. geführt.
    Für mich hat Musik auf dem Smartphone, welche ich überall hören kann, an die Anlage im Auto und zuhause anschließen kann oder ein Konzert aus New York, welches ich auf Breitband und mit Dolby im Kino oder zuhause erleben kann einen wunderbarer Stellenwert. Aber live ist live,, auch wenn ich in der zig´sten Reihe stehe oder sitze. Das Flair, die Umgebung, die Stimmung mit anderen live dabei zu sein sind unschlagbar.So geht es mir auch bei Ausstellungen, mit anderen vor Ort, darüber zu reden, die Wirkung der Bilder, Skulpturen u.a. auf andere und mich in „erfürchtigen“ Mauer zu erleben, ist etwas anderes als in einem Bildband oder im WEB, die Ausstellung zu erkunden. Die digitalen Vorteile sind unschlagbar, in der ersten Reihe „dabei“ zu sein, per Mausklick Geschichte, Erläuterungen, Informationen zum Künstler u.a. zu bekommen.
    Für mich ist die Frage ein insgesamt einfach zu beantworten:
    – Zum Erleben, evt. zum Mitmachen und Ausprobieren – ab ins Museum.
    – z.B. die Größe des Pergamonportals muss man live erlebt haben
    – oder Kinder müssen mal im Museum ausprobieren können, wie man mit Gips, Holz,
    Farben umgeht, in unmittelbarer Umgebung der großen Meister, dieses Erleben ist
    wichtig ;-)
    – für einen Bildungsauftrag, zum Recherchieren, zum Analysieren zum Vergrößern, zur Betrachtung von Untermalungen, Schritte der Restaurierung, u.a. ist das Web mit Bildern, Video, Verknüpfungen unschlagbar.
    Erlebniswelten kann man nicht mit Wissenswelten vergleichen. oder?

    Beste Grüße – Frank

  3. @Martin: Danke für den Hinweis auf die Veranstaltung in Berlin und den Artikel. Die Idee, Kultureinrichtungen und Entwickler, Gamer, etc. zusammen zu bringen, um sich gemeinsam zu überlegen, was man mit den digital zur Verfügung stehenden Daten machen kann, finde ich super. Vermutlich ist das der beste Weg, um nicht nur die richtigen Leute zu versammeln, sondern auch, um gute Ideen zu entwickeln.

    Deine Idee, Kommentare an einem Exponat zu hinterlassen, finde ich hochinteressant. Sie erinnert mich an die Idee der AirTags, über die ich mal einen kurzen Blogbeitrag geschrieben habe. So etwas würde ich schon gerne mal in die Praxis umsetzen, weil es darüber hinaus auch eine gute Möglichkeit ist, die User untereinander zu vernetzen.

    Das Problem, ob Microblog oder virtuelle Ausstellung sind erstens fehlende Konzepte und zweitens, der Artikel spricht es ja auch an, fehlende finanzielle Ressourcen. Sich hier mal austoben zu dürfen, würde mir Spaß machen. Die Ideen müssten halt „nur“ in ein Konzept eingebunden werden. Ich glaube, da könnten ganz gute Sachen daraus entstehen. So verpuffen ja leider viele gute Ansätze, so wie der im Beitrag angesprochene Second Life-Auftritt. Da hätte man mehr machen können, zumindest aus heutiger Sicht.

    @Frank: Ich weiß nicht, ob sich diese Einteilung Erleben=Museum und Informatione=Web so aufrechterhalten lässt. Da gibt es mittlerweile schon Ansätze, die diesem Prinzip nicht mehr so eindeutig folgen. Wichtig wäre nur, dass die Macher sich darüber klar sind, in welche Richtung das, was sie anbieten, geht. Nehmen wir mal an, ich hätte die Möglichkeit gehabt, zusammen mit anderen Usern in der Second Life-Präsenz der Staatlichen Kunstsammlungen. Dresden,die Möglichkeit gehabt, gemeinsam eine virtuelle Ausstellung zu hängen und das in Begleitung eins Kurators. Das wäre in meinen Augen eine Kombination aus Wissensaneignung und Erlebnis. Und eine coole dazu. Aber wie oben schon geschrieben: Es kostet dann halt auch Geld…

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