Eskalation im Kommentarbereich


© dunkelklang; Pixelio

Vor wenigen Tagen erst habe ich über die Angst vor negativen Kommentaren geschrieben und gemeint, dass man sich nicht davor fürchten müsse. Klingt in der Theorie ganz gut, nur was ist, wenn es im Kommentarbereich des eigenen Blogs heftige Auseinandersetzungen gibt, die auch unter die Gürtellinie gehen?

Leider ist es ja nicht so, dass irgendwann ein rotes Licht aufleuchtet und darauf hinweist, dass jetzt Ärger drohen könnte, sondern plötzlich ist es da, das Problem. Ganz ehrlich: solche Auseinandersetzungen hat es schon immer gegeben und sie wird es immer geben. Die Frage ist aber trotzdem, wie sich solche Situationen vermeiden lassen? Dabei ist es wahrscheinlich hilfreicher, auf das eigene Kommunikationsverhalten zu achten als auf die „bösen Anderen“ zu schauen. Eingedenk des Sprichworts: „wie man in den Wald hineinruft…“.

Mir persönlich hat hier Friedemann Schulz von Thun mit seinen vier Seiten einer Nachricht sehr weitergeholfen (siehe dazu: „Die vielen Botschaften einer Nachricht„). Mit diesem Modell macht er deutlich, dass wir grundsätzlich auf mehreren Ebenen kommunizieren und eine Nachricht eben nicht nur Informationen, sondern auch Wertungen enthält, nämlich wie ich mein Gegenüber einschätze und wie ich mich sehe. Das heißt, es gibt eine Sach- und eine Beziehungsebene. Weist etwa der Beifahrer beim Autofahren auf eine rote Ampel hin, enthält dieser Satz nicht nur die Information „rote Ampel“, sondern darüber hinaus den Appell „Bleib stehen!“. Ebenso kann da die Meinung mitschwingen, dass der Fahrer ein schlechter Autofahrer sei und man selber der Experte. So verursacht der einfach formulierte Hinweis „da vorne ist eine rote Ampel“ unter Umständen enormen Ärger, egal wie er gemeint war.

Wer sich in der Kommunikation darüber klar ist, dass die eigene Nachricht auf verschiedenen Ebenen ankommen kann, wird unter Umständen bewusster und vorsichtiger kommunizieren. Allerdings gelingt das nicht immer und dann droht eben Ärger.

Ärger hat es im Anschluss an diesen Blogbeitrag gegeben. Ich nenne hier bewusst keine Namen, weil es mir nur um einen Erklärungsversuch geht und nicht darum, andere zu diskreditieren. Schauen wir uns die Kommentare einfach mal an. Die ersten Kommentare enthalten keine „Aufreger“, erst der Link, der ohne jede Erklärung in Kommentar 4 auftaucht und zum eigentlichen Kommentar führt, könnte als unhöflich angesehen werden. In meinen Augen ist es nicht ungewöhnlich, dass Kommentare an anderer Stelle platziert werden und auch der Text selbst enthält nichts, was die Adressaten als beleidigend empfinden könnten. Aber zugegeben: der Tonfall kann unter Umständen als aggressiv empfunden werden.

Die Antwort erfolgt in Kommentar 6, der sachlich gehalten ist und sich auf die Inhalte, um die es geht, konzentriert. Die Reaktion darauf stellt Kommentar 7 dar, in dem durchaus sachlich argumentiert wird. Auf der Beziehungsebene erfolgt aber ein klarer Angriff, wenn dem Gegner im letzten Halbsatz Selbstsucht und Kurzsichtigkeit vorgeworfen werden. Eigentlich in der Sache überflüssig provoziert er Reaktionen (Kommentar 8 & 9), denen man anmerkt, dass der „Angriff“ auf der Beziehungsebene erfolgt ist, denn beiden rechtfertigen ihre persönlichen Haltungen.

Die Verfasser der letzten beiden Kommentare erhalten in Kommentar 10 Unterstützung, die Frage, mit der dieser eingeleitet wird, ist wohl eher rhetorischer Natur und verfolgt, so empfinde ich es, das Ziel, auf der Beziehungsebene zu signalisieren, was man vom Gegenüber hält. Die Reaktion lässt nicht auf sich warten, auch hier geht es vor allem darum zu signalisieren, was man von den anderen Kommentatoren hält. Hinzu kommt: der Kommentar wurde nicht sofort freigeschaltet, was den Verdacht der Zensur aufkommen lässt. Anmerkung: nachdem der Kommentar zwei Links enthält, wäre er bei mir auch in der Warteschleife gelandet. Die meisten Blogsysteme sind so eingestellt.

Ansonsten ist von einem „dümmlichen Beitrag“ und „unqualifiziertem Geschwalle“ die Rede, was schade ist, denn dadurch gehen die Inhalte dieses Kommentars völlig unter. Natürlich wird man das als Betroffener als Beleidigung auffassen, die Frage ist nur, wie man darauf reagieren soll? Mein Tipp: überlegen Sie sich das, bevor Sie in eine solche Situation geraten. Sie reagieren – verständlicherweise – emotional und unter Umständen falsch. Daher: legen Sie sich gleich zu Beginn Ihrer Social Media-Aktivitäten eine Strategie zurecht, nach der Sie vorgehen, wenn Sie in eine solche Situation kommen.

Die restlichen Kommentare bedürfen keiner Kommentierung, die Kontrahenten haben gerade eine weitere Stufe auf der Eskalationstreppe erklommen. Am Ende steht dann ein via Twitter kommunizierter Kommentar, zu dem man sich eigentlich nicht hinreißen lassen sollte.

Gut, passiert ist passiert. Was aber bedeutet das nun für Ihr Blog? Hat so ein Streit Konsequenzen? Unter Umständen legen Sie sich eine Strategie für das nächste Mal zurecht. Oder Sie versuchen, solche Situationen gar nicht erst entstehen zu lassen, in dem Sie darauf achten, dass Sie sich auch auf der Beziehungsebene „korrekt“ verhalten. Aber sonst? Lesen Sie sich die Kommentare noch mal in aller Ruhe durch. Wer rückt sich da in ein schlechtes Licht? Eben…


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4 Antworten zu „Eskalation im Kommentarbereich“

  1. Du hast zwar Recht, dass sich Leute, die sich so als Kommentator verhalten wie der Herr, dessen Name wir hier nicht nennen, selbst in ein schlechtes Licht rücken und die Sympathisanten nicht gerade auf ihrer Seite haben, egal wie kompetent ihre Argumente sein mögen…

    Aber trotzdem ist es nicht angenehm, wenn man selbst oder seine kommentierenden Leser auf dem eigenen Blog im Kommentarbereich beschimpft wird. Es bindet Zeit (um zu antworten) und man ärgert sich. Schade um die Zeit und um die negativen Energien…

    Zum Glück passiert so etwas nicht oft. Und die Stänkerer kennt man in der Blogosphäre bald.
    Ich z.B. wurde ein einziges Mal, seit ich twittere, blöd angepöbelt, und zwar genau von diesem Herren, dessen Name wir nicht nennen… ;-)

  2. @Karin: stimmt, so etwas spricht sich schnell herum. ;-) Aber auch wenn man seine Pappenheimer kennt, es nervt und kostet Zeit und Energie. In so einem Fall plädiere ich für „delete“

  3. Mittlerweile hat der Kommunikation-Guru seinen Abschieds-Vortrag gehalten. Mehr dazu gibt’s hier:
    http://shivanireutlingen.wordpress.com/2009/12/20/was-ich-noch-zu-sagen-hatte/

  4. @Shivani: vielen Dank für den Link! Ich habe zwar mitbekommen, dass er sich „verabschiedet“ hat, aber dass sein Abschiedsvortrag als Video existiert, war mir nicht bekannt.

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