Noch ein Nachtrag zu Taten.Drang.Kultur

Fast jede Konferenz, jede Veranstaltung bekommt einen nach Möglichkeit aussagekräftigen und idealerweise auch orginellen Titel verpasst. „netz.macht.kultur“ heißt es zum Beispiel im Juni beim Bundeskongress der Kulturpolitischen Gesellschaft, „Taten.Drang.Kultur“ war der Kongress in Ludwigsburg überschrieben. Während beim ersten Beispiel das Wort „machen“ im Titel steckt, eine klare Aufforderung aktiv zu werden, ist im zweiten Beispiel von „Tatendrang“ die Rede. Auch das klingt nach, ja Tatendrang eben.

Wäre so eine Konferenz nicht ein guter Anlass, mit dem Machen, den Taten zu beginnen und selbst aktiv zu werden? Und das vielleicht irgendwo im Social Web? Ich weiß, die meisten von Ihnen haben ein Facebook-Profil, nur ist diese Plattform nicht wirklich der geeignete Ort, um Diskussionen über die Zukunft von Kunst, Kultur oder Kulturmanagement zu führen. Dabei haben wir in Ludwigsburg festgestellt, dass diese Diskussionen geführt werden müssen, oder? Wenn ich den Kongress auf Google suche, dann finde ich dort nur Hinweise auf meine zwei Blogbeiträge. Vielen Dank, Sie sind alle sehr nett zu mir. Marketingtechnisch gesehen müsste ich jetzt ganz still sein und mich freuen, dass sonst niemand zu diesem Thema etwas schreibt.

Für das Kulturmanagement – und in Ludwigsburg ging es immerhin auch um die nächsten 20 Jahre – ist das fatal. Wo sind Ihre Meinungen und Ansichten? Treffen wir uns erst in 10 Jahren wieder, um dann 30 Jahre Ludwigsburg zu feiern? Dabei bietet sich das Social Web doch dafür an. Wohl deshalb auch die vielen Diplomarbeiten. Aber warum wollen plötzlich alle StudentInnen über Kultur und Social Media ihre Abschlussarbeiten schreiben und fangen mit dem Schreiben nicht einfach im Social Web an? Warum gibt es keine ExpertInnen aus diesem Bereich, die hier ihre Gedanken öffentlich machen und Diskussionen in Gang bringen? Wo sind die Debatten, die ja geführt werden müssen? Hier wird die Debatte zumindest versucht. Ja, ich weiß, die Zeit. Ich habe in den letzten zwei Tagen auch keinen Beitrag geschafft. Ja und? Gibt es nicht viele Dinge, die Sie gerne tun und dann trotz fehlender Zeit irgendwann mal angehen? Es ist fatal, wenn am Ende immer die fehlende Zeit herhalten muss.

Wenn das wirklich das Argument ist, dann ziehen Sie bitte den Hut vor Heinz Koch, der nicht nur im Social Web aktiv ist, sondern „nebenbei“ noch das AuGuS-Theater am Leben erhalten muss. Was er schafft, werden Sie – zumindest in Ansätzen – auch schaffen, oder? Sonst schlage ich schon jetzt für zukünftige Kulturmanagement-Veranstaltungen den Titel „hier.ruht.kulturmanagement“ vor.


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Kommentare

14 Antworten zu „Noch ein Nachtrag zu Taten.Drang.Kultur“

  1. […] This post was mentioned on Twitter by Ulrike Schmid, 4CULTURE. 4CULTURE said: Noch ein Nachtrag zu Taten.Drang.Kultur http://bit.ly/g2TKCg […]

  2. Aua, ich hab auch was in der pipeline….
    hatte ja versucht viele thesen, statements uae. auf der facebook.com/kulturbeit zu twittern um dort eine diskussion zu initieren (immerhin ueber 220 Kulturarbeiter) die einzigen kommentare bezogen sich darauf, das fb nicht twitter sei.
    somit kann ich deinem (nur vermeintlich) fatalistischem text zustimmen!

  3. Ermutigende Worte, denen ich nur zustimmen kann. Aber ja: die Zeit, die Zeit. Oder sagen wir: die Prioritäten, den Zeit haben wir ja alle gleich viel.

  4. Es ist auch die Zeit, aber meiner Beobachtung nach nicht nur diese: Ich höre immer wieder von Studierenden und Absolventen, sie würden sich schlicht und einfach nicht trauen, ihre Ideen ganz „öffentlich“ in einem Blog oder sonst wo im Web zur Diskussion zu stellen. Ist vielleicht noch nicht die richtige „Atmosphäre“ geschaffen, dass auch „im“ Social Web über Kulturmanagement „herrschaftsfrei“ diskutiert werden kann?

  5. ernst karosser

    Respekt. Endlich mal ne Stellungnahme die es in sich hat und auch sehr persönlich ist. Meine Zurückhaltung basiert nach wie vor auf den Kolateralschädenauswirkungen. Zu der Veranstaltung … wär nur ein Kolateralschaden in Hinsicht auf socialmedia in der Kultur und … will den blog nicht nutzen zum auskotzen … demnächst mehr an gesonderter Stelle.

  6. @klischnet: ich finde es ok, wenn man die automatische Weiterleitung von Tweets auf eine Facebook-Seite kritisiert. Ich stehe dem auch kritisch gegenüber, unter anderem auch deshalb, weil Facebook nicht der Ort ist, wo Diskussionen geführt werden. Aber dass die Inhalte so völlig ausgeblendet werden, ist schon bezeichnend.

    @Tom: stimmt! Wir sollten nie von (fehlender) Zeit sprechen, sondern von Prioritäten.

    @Simon: „ich trau mich nicht“, habe ich auch schon des öfteren gehört. Das kann ich auch verstehen, denn anfangs ging es mir genauso. Ich wusste nur, dass ich nichts Falsches schreiben will, um nicht kritisiert zu werden. Wenn aber „ich trau mich nicht “ bedeutet, ich gehe das „Problem“ nie an, dann klingeln bei mir alle Alarmglocken, denn im realen Leben bin ich tagtäglich mit solchen Situationen konfrontiert.

    Ich habe anfangs halt reine Informationen über das Blog transportiert und dann recht schnell gemerkt, dass es eigentlich kein Problem ist, seine eigenen Standpunkte zu formulieren. Ganz im Gegenteil: erst dann kamen Diskussionen in Gang.

    Andere Standpunkte heißt ja nicht, ich mache den anderen fertig, sondern verschiedene Standpunkte dienen dazu, den eigenen weiter zu entwickeln.

    „Herrschaftsfrei diskutieren“: gibt es diese herrschaftsfreien Räume denn überhaupt? Ich glaube nicht, dass das Internet ein herrschaftsfreier Raum ist. Auch hier geht es letzten Endes um Macht, nur sind die Währungen, in denen Macht gehandelt wird, andere. Warum gibt es ein Google-PageRank oder irgendwelche Rankings, wer am meisten Fans oder Follower hat?

    @ernst: :-) Deine Meinung würde mich interessieren. Gibst Du bitte Bescheid, wenn Du was dazu schreibst?

  7. […] nur kleine Seminarräume gebucht. Ich frage mich dann immer bei solchen Situationen wie dieser: Christian Henner-Fehr fragt in seinem Case, ob den jemand der Anwesenden (und es waren viele Studenten,etliche […]

  8. @Christian Nein, die gibt es wohl nicht, das war eher übertragen gemeint. Ich meine, dass es wohl noch keine Social Media Plattform für den Austausch über Kunst und Kultur gibt, die eine Kommunikationskultur pflegt, so dass niemand „Angst“ haben muss, dort seine Standpunkte zu vertreten – sich also auch (Social Media) bzw. Kulturmanagement „Einsteiger“ äußern können?

    @Andreas Kilsch Wohl auch ein ähnliches Problem – oder was ist Deine Vermutung, warum sich die Studierenden via Facebook und Twitter nicht beteiligten?

  9. Christian,
    vielen herzlichen Dank für Dein Blumenbekett!
    Ich nutze mal diesen Platz, obwohl er nicht ganz passt, Dir eine Info über einen Link zu geben, welche Dich, so glaub ich, ziemlich interessieren wird.
    Bin grade drüber gestolpert.
    Was da gesagt wird, hat mich jedenfalls ziemlich „angemacht“.
    Das könnte auch für andere Leute im Kultur (-Management)-Bereich und für Künstler von Belang sein, wenn sie es für sich adaptieren.
    Schönen Sonntag

  10. @augustheater: und wo ist der Link? :-)

  11. Zum Motto „netz.macht.kultur“: Es ist nun etwas über 3 Jahre her, dass die Enquete-Kommission ihren Schlussbericht zur Lage der „Kultur in Deutschland“ abgegeben hat. Die Rückwirkungen eines digitalen Wandels auf die Kultur hat (so weit ich gesehen habe) nur Platz in einer Randnotiz gehabt. 2 Jahr Jahre wurde darüber gebrütet und nun? Dr. Norbert Sievers Anmerkungen und Fragen anlässlich des recht spät geplanten Kongresses zur Kulturpolitik in der digitalen Gesellschaft erscheinen fast als Hilferufe. Im letzten Absatz seiner Veröffentlichung in den Kulturpolitischen Mitteilungen betont er die Doppeldeutigkeit von „macht“ und schließt mit den Worten: „Kulturpolitik, die sich im verantwortlichen Sinne als Gesellschaftspolitik versteht, muss beides im Blick haben und über beides reden: über Macht und Machtveränderungen in der demokratischen Gesellschaft und über das mögliche „Neue“, dem wir eine gesellschaftliche Perspektive geben müssen. Nur so bleibt Kulturpolitik gestaltungsfähig.“ Es klingt schon ganz gewaltig nach Umwälzungen in der Kulturpolitik, die wohl nötig sind.
    Bei all den Fragen, die Dr. Sievers aufwirft, verwundert es mich, das keine einzige davon der Enquete-Kommission in den Kopf gestiegen ist. Ich finde jedenfalls keine wirkliche Handlungsempfehlung. Vielleicht jemand anderes? Konnte man damals vor 3 Jahren noch kein Szenario für den Wandel entwickeln? Das sind Fragen, die ich mir stelle, nachdem ich dem Link mal gefolgt bin. Danke nochmal dafür!

  12. Christian, das war vorhin kurz vor der heutigen Vorstellung. Ich hab nicht mal Bukett richtig geschrieben. Und jetzt hab ich auch schon wieder §§, weil ich so high bin von einer äußerst gelungenen Vorstellung. Zum Glück hab ich die Seite gebookmarkt:

    http://www.persoenlich.com/news/show_news.cfm?newsid=93626

    Viel Spaß!
    Gruß
    Heinz

  13. @ok2punktnull: ja stimmt schon, natürlich wäre es gut gewesen, man hätte sich viel früher mit diesen Entwicklungen beschäftigt. So wie das ja auch viele Kultureinrichtungen getan haben.

    Jetzt bin ich gespannt, was man im Juni auf der Tagung aus dem Thema machen wird. Ich bin ja eingeladen und werde dann darüber berichten. Mal sehen, was dort der allgemeine Tenor sein wird. Obwohl, wir beide ahnen vermutlich schon, wie es sein wird. ;-)

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